Resilienz in Organisationen: Erfolgskriterien erkennen und Transformationsprozesse gestalten
Im Gespräch mit den Autorinnen und dem Autor:
Über Resilienz ist ja schon viel geschrieben worden.
Was ist denn das Besondere an Ihrem Buch?
Die meisten Publikationen zum Thema setzen ihren Fokus auf die individuelle Ebene. Was kann ich als Mensch tun, um widerstandsfähiger zu werden und besser durch persönliche Phasen hoher Belastung zu kommen? Unser Fokus ist ein anderer. Wir gehen der Frage nach, wie Organisationen als soziale Systeme Antworten auf Krisen finden können und gleichzeitig auch nicht ihre Innovationsfähigkeit und Agilität verlieren. Auch hier ist der Mensch wesentlich, doch blicken wir insbesondere darauf, welche Systeme und welche Kultur Resilienz unterstützen. Das resiliente Individuum macht noch keine resiliente Organisation.
Wie würden Sie organisationale Resilienz konkret definieren?
In unserem Verständnis gilt es insbesondere die Dualität aus Beweglichkeit und Widerstandskraft im Blick zu behalten. Nach unseren Erfahrungen in der Praxis bedeutet organisationale Resilienz stabilisierende und dynamisierende Faktoren so auszubalancieren und zu nutzen, dass eine gesunde und nachhaltige (Über-)Lebensfähigkeit und Entwicklung der Organisation möglich werden. Organisationen tragen das Potenzial der Selbstorganisation und Selbststeuerung grundsätzlich in sich und haben ein intrinsisches Interesse daran, zu überleben – diese Fähigkeit darf jedoch nicht behindert werden!
Wie kam denn die Idee ein Buch zu schreiben?
Hand aufs Herz. Auch für uns als OrganisationsberaterInnen waren die letzten beiden Jahre sehr fordernd. Die Herausforderungen unserer Kunden haben auch uns einiges abverlangt. Bereits seit der Finanzkrise im Jahr 2009 hat sich gezeigt, dass unsere linearen Planungen oft nicht wie gewünscht funktionieren und dass sogar Banken in Konkurs gehen können. Diese hohe Veränderungsdynamik und die Brüchigkeit der Entwicklungen haben sich verschärft. Die gute (Über)lebensfähigkeit rückt immer mehr in unser Bewusstsein.
Gleichzeitig lassen wir uns unseren Optimismus nicht nehmen, weil wir aus unserer täglichen Arbeit wissen, wie viel in Co-Creation-Prozessen mit erfahrenen und motivierten Menschen möglich ist. Um dieses Potenzial im Sinne der organisationalen Resilienz nutzen zu können, brauchen Entscheiderinnen und Entscheider Vertrauen in die Fähigkeiten und das Wissen aller Teile der Organisation, sowie einen breiteren Blick auf Kultur, Struktur und Prozesse der Organisation. Klassische Management- und Führungsparadigmen funktionieren hier oft nur noch sehr bedingt. Mit dem Buch wollen wir nicht abstrakte Theorien vorstellen, sondern konkrete Handlungs- und Denkanstöße liefern – ohne Anspruch auf die absolute Wahrheit. Es ist als Arbeitsbuch, nicht als Lehrbuch gedacht.
Wo sehen Sie den größten Hebel, um als Organisation resilienter zu werden?
Das ist natürlich in jeder Organisation je nach Grad der Entwicklung und dem Umfeld unterschiedlich. Zunächst ist es wichtig, sich auf das Gemeinsame, das Verbindende zu besinnen. Was ist unser Purpose, unsere gemeinsamen Anliegen? Es geht darum, sich auf neue Situationen mit Offenheit und insbesondere mit Mut und Zuversicht einzulassen. Nicht (mehr) Dienliches gilt es loszulassen. Letztlich geht es immer ums Tun – auszuprobieren, miteinander in den Austausch zu gehen und gleichzeitig vertrauensvoll und eigenverantwortlich zu agieren.
Wie können sich Organisationen, konkret dem Thema annähern und an ihrer Resilienz arbeiten?
Unsere im Buch vorgestellten Gestaltungsfelder der organisationalen Resilienz geben hier einen guten Rahmen zur Orientierung. Die vier Felder, die wir unterscheiden sind das Ich, das Team sowie die Organisation im Außen- und im Innenverhältnis. In unserem Beratungsprozessen mit Kunden analysieren wir entlang unseres Modells zur Resilienz in Organisationen, wie wir gemeinsam mit den Kunden die Resilienzkraft der Organisation stärken und definieren Hebelthemen für die weitere Entwicklung.
Eine abschließende Frage: Vielfach wird davon gesprochen, dass wir uns in ein Zeitalter der Krisen hineinbewegen?
Was kommt als nächstes?
Dass der Modus der Krise eine Art neuer Normalzustand wird – wie Zukunftsforscher dies postulieren – scheint uns zumindest sehr wahrscheinlich. Was genau auf uns zukommt, wissen wir natürlich auch nicht. Aber wir sind sicher, dass eine Fokussierung auf die Stärkung der Resilienz zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor im Handeln und Entscheiden in Organisationen wird.
Danke für das Gespräch!