Trigon Themen 01|2022

Erfolgsfaktor Entscheiden

Delegieren oder selbst entscheiden

Wer kennt nicht die Frage, wie die Sitzplatzverteilung in den Büroräumlichkeiten am besten getroffen werden oder wer in den Schulferien auf Urlaub gehen darf? Für Fragen wie diese, bietet der beinahe historische Entscheidungsbaum von Victor Vroom und Philip Yetton noch immer eine praktikable Entscheidungsgrundlage.

Es ist nicht immer das Mittel der Wahl, Entscheidungen partizipativ in der Gruppe zu treffen. Ob man alleine entscheidet oder sein Team einbindet ist von der Entscheidungssituation abhängig.

Anhand von 7 Merkmalen der Entscheidungssituation, die als mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantwortende Fragen (A bis G) formuliert sind (Abb 1.), wird man durch den Baum geführt und erhält am Ende meist mehrere Empfehlungen auf die Frage: „Soll ich alleine entscheiden oder mein Team in die Entscheidung miteinbinden?“. Das normative Modell, das auf einer Reihe von Entscheidungsregeln beruht, unterscheidet 5 Entscheidungsstrategien mit abgestufter Partizipation: Das Spektrum reicht von autokratisch, der alleinigen Entscheidung der Führungskraft (AI) mit der Information, die ihr zum Zeitpunkt zur Verfügung steht, über (AII), die Einholung von Information bei einzelnen Gruppenmitgliedern, über die beratende Einbindung Einzelner (BI) bzw. der gesamten Gruppe (BII), bis hin zur vollständigen Delegation der Entscheidung an die Gruppe (G).

Muss es rasch gehen, so sollte eher autoritärer entschieden werden, ist die Entwicklung der Mitarbeitenden ein Anliegen, so wird eine beratende oder Gruppenentscheidung empfohlen.

Entscheidungssituation:

A: Gibt es ein Qualitätserfordernis: ist vermutlich eine Lösung sachlich besser als eine andere?

B: Habe ich genügend Information, um eine qualitativ hochwertige Entscheidung selbst treffen zu können?

C: Ist das Problem strukturiert?

D: Ist die Akzeptierung der Entscheidung durch die MA für die effektivste Ausführung wichtig?

E: Wenn ich die Entscheidung selbst treffe, würde sie dann von den MA akzeptiert werden?

F: Teilen die MA die Organisationsziele, die durch eine Lösung dieses Problems erreicht werden sollen?

G: Wird es zwischen den MA vermutlich zu Konflikten kommen, welche Lösungen zu bevorzugen sind?

Abb.: Vroom Yetton Entscheidungsbaum

 

Aber funktioniert der Entscheidungsbaum in der agilen Welt?

Ja! Je höher die Entscheidungsgeschwindigkeit, umso wichtiger ist es, Entscheidungen systematisch und situationsabhängig zu treffen und sich dabei nicht nur auf den gewohnten, eigenen Stil zu verlassen. Selbstverständlich kann sich auch ein Team ohne nominierte Führungskraft auf die Empfehlungen des Modells stützen.

 

Literatur:

Vroom, V.H.: Yetton, P.W.: Leadership and Decision-Making, Pittsburgh 1973.

Vroom, V.H. (2003). Situational factors in leadership. In S. Chowdhury (Ed.), Organizations 21C: someday all organizations will lead this way (pp.69-87). Upper Saddle River, NJ: Prentice Hall