Trigon Themen 01|2022

Erfolgsfaktor Entscheiden

Die richtige Person an der richtigen Stelle

Stühle-Rücken: Ein partizipatives und gruppendynamisches Vorgehen für die Besetzung von Rollen oder Führungspositionen für Gruppen und Teams, die die richtigen Personen selbst identifizieren, gewinnen und benennen wollen.

Immer mehr Unternehmen suchen Lösungsansätze, in denen die Funktion der Führung nicht in einer hierarchischen Struktur verankert ist. Sie nutzen dafür Modelle, in denen die Führungsarbeit auf verschiedene Einheiten verteilt ist. Das kann zum Beispiel eine Kreislogik sein, in der es einen Geschäftsführungskreis, einen Strategiekreis, einen Finanzkreis, einen Marketingkreis, verschiedene Kreise für Geschäftsbereiche und einen Kreis für Supportprozesse gibt.

Das hier vorgestellte Verfahren zur Identifika- tion der „richtigen Personen“ für derlei Kreise bzw. Gremien oder Führungsverantwortungen berücksichtigt das Prinzip der „Weg-Ziel-Stimmigkeit“, das die gewünschten Qualitäten im Zielzustand bereits auf dem Weg dahin erlebbar machen will. Es stellt außerdem die persönliche Motivation und die inhaltliche Qualifikation bis hin zur Integrität der Personen, die eine Funktion übernehmen oder in einem Gremium mitarbeiten wollen, in den Mittelpunkt. Das Vorgehen gewährleistet Transparenz und Klarheit und sollte in größtmöglicher Ruhe vonstatten gehen.

Vorbereitung

In der Vorbereitung ist zu klären, welche Personen aus der Organisation an dem Verfahren teilnehmen sollen. Außerdem sind im Vorfeld die Kriterien zu definieren, die als erfolgskri- tisch erachtet werden einerseits für die Personen und andererseits für das Gremium als Ganzes. Das Feedback im Prozess erfolgt mit Bezug zu diesen Kriterien. Zu Beginn des Verfahrens nehmen alle Personen in einem Stuhlkreis Platz und es wird die Regel eingeführt, dass jede Person die Position ihres Stuhles während des gesamten Verlaufs verändern darf, verbunden mit der Erwartung, dass der Grund für die Veränderung transparent gemacht wird. Der Prozess wird nachfolgend am Beispiel „Besetzung eines Strategiekreises“ verdeutlicht.

1.  Sortiern

Zu Beginn setzen sich alle anwesenden Personen in einen Stuhlkreis (grün). Die Moderation (M) lädt ein: „Unter den Anwesenden mögen sich die Personen zeigen, die am weiteren Verfahren nur aus Interesse teilnehmen, aber nicht inhaltlich mitwirken und für das Ergebnis auch keine Verantwortung übernehmen wollen. Bitte rücken Sie mit Ihrem Stuhl einen Meter zurück.“ (gelb) Personen im äußeren, gelben Kreis sind im weiteren Prozess nicht berechtigt, Feedback an die Kandidatinnen und Kandidaten zu geben. Sie können jedoch jederzeit in den grünen Kreis zurückkehren.

2.  Sich initiativ bewerben                                   

M: „Ich bitte die Personen, die im zukünftigen Strategiekreis mitarbeiten wollen, mit ihrem Stuhl einen Meter nach vorne zu rücken.“ (rot) Erfahrungsgemäß dauert es einige Minuten, bis die Menschen Mut fassen und nach innen rücken. M: „Sie sind nun eingeladen, nacheinander eine kleine Wahlrede zu halten und zu verdeutlichen, worin Ihr Impuls besteht, und warum Sie sich aus Ihrer Sicht für diese Aufgabe besonders eignen.“ Nun bringen die Betroffenen ihre Beiträge ein und die Personen im grünen Außenkreis stellen Klärungsfragen.

3.  Feedback geben/ erhalten und legitimiert werden

M: „Im nächsten Schritt sind alle Personen im Außenkreis (grün) eingeladen, den einzelnen Bewerberinnen und Bewerbern nacheinander  konstruktives Feedback mit Bezug zu den definierten Kriterien zu geben.“ Findet eine Person große Akzeptanz, wird dies schon nach einigen Rückmeldungen deutlich. Im anderen Fall, wenn eine Person sehr unterschiedliche Rückmeldungen erhält, ist eine einfühlsame, aber klare Moderation wichtig, die dazu führt, dass die Person entweder im (roten) Innenkreis bleibt oder zurückkehrt in den grünen Kreis. Den Abschluss in dieser Phase bildet ein Feedback des Außenkreises zur Akzeptanz der Zusammensetzung des Kreises als Ganzes.

4. Ausgestalten unter  den  Verantwortlichen

Die Besetzung des zukünftigen Organs ist vorerst geklärt. Im nun folgenden Schritt nimmt der Außenkreis eine Zuschauerrolle ein, während die Menschen im Innenkreis Vereinbarungen über die zukünftige Zusammenarbeit besprechen, um die anstehenden Aufgaben in dieser Konstellation bewältigen zu können. Auch in dieser Phase kann es noch zu einem Ausscheiden einer Person aus dem Kreis kommen.

5.  Bestätigen des Gremiums durch das Umfeld  und  Annehmen  der  Wahl

Nach dieser Phase ist die Zusammensetzung des verantwortlichen Organs sichtbar. Jetzt ist eine abschließende Bestätigung aus dem Umkreis notwendig. Durch die Offenheit des Prozesses werden die kritischen Aspekte im Laufe des Verfahrens ausdiskutiert, so dass sich, wenn überhaupt, nur sehr wenige Stimmen gegen die so gefundene Besetzung des Organs erheben. Abschließend wird der Innenkreis gefragt, ob alle Personen das Votum annehmen.

 

Dieses Verfahren basiert auf Offenheit, Ehrlichkeit und Mut im Umgang miteinander. Gelingt es den Menschen, sich so auf den Prozess einzulassen, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das bestätigte Organ die größtmögliche Akzeptanz in der Organisation genießt.