Entscheiden ist nicht gleich entscheiden
Klug, wer vorm Entscheiden den Blick aufs Ganze und den Kontext lenkt: Welches Vorgehen ist für diese Entscheidung nötig? Das Cynefin-Framework (1) von Dave Snowden et al. ermöglicht einen Meta-Zugang, um stimmig vorzugehen.
Es geht um nichts weniger als „die Gefordertheit der Lage“ 2 zu erkennen: Welche Umweltbedingungen habe ich? Kann ich mich auf Wissen stützen oder muss ich unter Nicht-Wissen und Unvorhersehbarkeit entscheiden? Wieviel Risiko liegt in welcher Entscheidung? Droht Chaos, wenn ich nicht sofort handle?
Noch zu oft
- zücken Entscheider die üblichen Muster der Organisation, z.B: „Nur Zahlen zählen“/„Never change a running system“/ „Die lange Reise durch die Entscheidungsgremien“,
- folgen sie unbewusst den eigenen persönlichen Glaubenssätzen, z.B.:„Stark sein heißt schnell entscheiden“ /„Gute Führung braucht vollständige Information“ / „Nur keine Unsicherheit zeigen“
- halten sie sich an Ansätzen fest wie„Data-Driven Decision-Making“ /„Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl!“,
Solch ein Rückgriff auf vertraute Muster ist besonders gefährlich, wenn anstehende Entscheidungen gar nicht mehr mit früheren Erfahrungen bewältigbar sind.
Das Cynefin-Framework schafft hier Verständnis und Orientierung: Es besteht aus 4 Feldern, in de- nen wir uns mit einem Entscheidungsthema befinden können, und dem +1 (=5.) mittigen Bereich. Solange man nicht weiß, in welchem der 4 Felder man sich befindet, steckt man im 5. Feld – der Konfusion. Erkennt man dies, ist die allererste Aufgabe, mit einem Blick aufs Framework herauszufinden, in welchem Bereich sich das Thema befindet. Daraus entsteht ein Handlauf für das weitere Vorgehen.
Die zweite große Unterscheidung: Befindet man sich auf vorhersehbarem Terrain (Felder rechts) oder in unvorhersehbarem (Felder links)? Rechts kann man sich auf Fakten, verlässliche Daten, berechenbare Rahmenbedingungen durch Erfahrung oder Analyse stützen. In diesen Räumen kann man nach „Best Practice“, bzw. „Good Practice“ (als eines unter vielen guten Verfahren) streben.
Im Feld „KLAR/EINDEUTIG“ sind Lösungen offensichtlich: Die Maschinen stehen still, weil der Strom ausgefallen ist. Das Problem ist somit kategorisiert – die nötige Entscheidung entsprechend klar: Notstromaggregat an bis zum Beheben des Stromausfalls.
Im Feld „KOMPLIZIERT“ sind viele Einflussgrößen möglich und es laufen vielfältige, teils langkettige Prozesse ab. Für Laien eine Black Box, aber für Expertinnen ist das Zusammenspiel durchschaubar, berechenbar, rational analysierbar: Die Maschinen stehen still, obwohl der Strom läuft. Schrittweise Fehlersuche – d.h. strukturierter Aufwand, aber kein Hexenwerk für die Spezialisten.