Psychosoziale Krisen in Organisationen
Psychosoziale Krisen sind eine Ausnahmesituation für die betroffenen Mitarbeiter:innen genauso wie für das Unternehmen. Personalentwickler:innen können hier mit Maßnahmen stabilisierend unterstützen.
Este Hilfe leisten zu können, ist in Organi sationen State-of-the-Art und meistens Teil des allgemeinen Schulungsangebots. Neben dieser eher «technischen» Hilfe fungiert eine psychosoziale Unterstützung für Mitarbeiter:innen als eine nicht minderbedeutende Notfallversorgung auf psychischer Ebene. Das Ziel dabei ist die rasche Unterstützung Betroffener, so dass ihre Bewältigungsmöglichkeiten und die damit verbundene Handlungsfähigkeit wiederhergestellt wird. Damit können Spätfolgen, notwendige langfristige Interventionen vermieden oder deutlich reduziert werden.
Krisen und ihre Auswirkungen
Ereignisse, die akute psychische Belastungsreaktionen nach sich ziehen, können sich aus unterschiedlichen Situationen im privaten Umfeld, aber auch in Organisationen ergeben. Dazu zählen u.a. Firmenübernahmen, Phasen des Mitarbeiterabbaus oder sonstige ChangeProzesse, schwere Arbeitsunfälle, ein plötzlicher Todesfall im Betrieb, schwer oder chronisch kranke Mitarbeiter:innen, Großschadenereignisse oder nationale Krisen, wie die Covid-19-Pandemie. Die Beurteilung, ob eine Bedrohung aus eigener Kraft bewältigbar ist, hängt von der jeweiligen Persönlichkeit, der eigenen Entwicklung und den bisherigen Lebenserfahrungen im Umgang mit Krisensituationen ab.
Während Krisen von den einen – zumindest im weiteren Verlauf – als Chance genutzt werden, sehen sich andere mit Gefühlen wie Kontrollverlust, Angst, Hilflosigkeit oder hohem Stresserleben konfrontiert. Treffen mehrere Ereignisse in unterschiedlichen Lebensbereichen zusammen, kann dies bei Betroffenen die Fähigkeit zur Bewältigung tatsächlich übersteigen.
Die Rolle von Führungskräften in psychosozialen Krisen
Psychosoziale Krisen treffen Mitarbeiter:innen auf einer ganz persönlichen Ebene. Gewöhnlich stehen berufliche Aspekte im Mittelunkt des organisationalen Miteinanders, weniger private. Werden Führungskräfte nun mit diesem Grad der Betroffenheit durch persönliche Krisensituationen von Mitarbeiter:innen konfrontiert, stehen diese vor vielen Fragen: Was braucht es jetzt von mir in der Situation? Wieviel Aufmerksamkeit ist unbedingt notwendig bzw. tatsächlich hilfreich? Welche Auswirkungen hat die Situation auf mein Team? Wo liegen meine Grenzen?
Die Schärfe der emotionalen Belastung der Betroffenen kann auch für Unterstützende eine große Herausforderung sein. Gerade die Balance zwischen Anteilnahme bzw. Mitgefühl und dem Treffen notwendiger Entscheidungen können eine hohe Stressbelastung auslösen.
Wie Personalentwickler:innen unterstützen können
All diese Ereignisse können einen gesundheitsschädlichen Effekt bei Mitarbeiter:innen nach sich ziehen, egal welcher Hierarchieebene sie angehören. Daher stellen sie ein wichtiges Aktionsfeld für Personalentwickler:innen darin der Prävention und im Akutfall.
Eine frühzeitige Unterstützung von Betroffenen und Führungskräften beugt Belastungsreaktionen, Stressbelastung und damit einer weiteren kritischen Entwicklung vor. Sie ist als „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu sehen und kann für betroffene Kolleg:innen eine wesentliche Unterstützung und Stabilisierung in der Akutphase sein. Darüber hinaus können Fehleranfälligkeit, Leistungsabfall und Langzeitkrankenstände hintangehalten werden.
Allgemeine Maßnahmen sind beispielsweise:
- Sensibilisierungsmaßnahmen in der Organisation
- Erstellung eines Leitfadens für Führungskräfte (z.B. Betriebliches Trauermanagement)
- Fortbildungen zum Umgang mit belasteten Mitarbeiter:innen und mit Veränderungsprozessen
- Unterstützung im Aufbau von Netzwerken und von handlungsfördernden Strukturen
- Vermittlung und Beratung
- Organisation von externer Unterstützung im Akutfall (z.B. Krisenintervention)
- Unterstützung bei der Rückkehr in die Organisation
Das Ziel muss sein, durch rasche und adäquate Unterstützung Gesunde gesund und arbeitsfähig zu erhalten – das hat Bedeutung für beide Seiten, sowohl für Arbeitnehmer:innen als auch für Organisationen. Psychosoziale Unterstützung bedeutet Gesunde gesund zu erhalten.
Literatur: Prager, S., Hlous, N. (Hg.) (2006). Psychosoziale Krisen in Unternehmen – Praxishandbuch für Führungskräfte. Wien